In Italien gibt es einen politischen Vorstoß, die benzinbetriebene Vespa als Kulturerbe zu schützen. Dank dessen sollen die Kult-Motorroller gegen europäische Umweltschutzauflagen verstoßen dürfen.
Die 1946 eingeführte Vespa des italienischen Herstellers Piaggio gilt als Kultfahrzeug schlechthin. Zeitenweise war der Name des kleinen Zweirads ein Synonym für den Begriff Motorroller. Als günstiges, simpel gebautes und einfach zu fahrendes Fortbewegungsmittel wurde die Vespa weltweit berühmt und beliebt, gerade auch als frühes motorisiertes Gefährt für Jugendliche, da man sie in den meisten Ländern deutlich früher fahren darf als ein Auto.
Dank ihres Zweitaktmotors hat die Vespa sich auch einen Ruf als Umweltsündern erworben. Das charakteristische Knattern des Motors wurde begleitet von einer ebenso markanten, bläulichen Abgaswolke mit penetrant-stechendem Geruch, der nicht nur italienischen Straßen und Gassen eine Duftnote verlieh, die ganzen Generationen sehr vertraut ist.
Durch immer strengere, europäische Abgasnormen wurden die Zweitakt-Modelle der Vespa nach und nach durch Viertakter und elektrisch angetriebene Modelle ersetzt. Seit 2017 werden leider gar keine Vespas mit Zweitaktmotoren mehr produziert. Trotzdem fürchten einige Politiker, dass der Vespa durch weitere Verschärfungen des Umweltschutzes ganz der Garaus gemacht werden könnte.
Das zu verhindern versucht derzeit die Lega-Partei. In einem dem Parlament präsentierten Gesetzesentwurf soll die Vespa als nationales Kulturerbe geschützt werden, indem auf ihren historischen, künstlerischen und kulturellen Wert verwiesen wird. Als Folge des Schutzes soll die Vespa frei von Zulassungsbeschränkungen gefahren werden dürfen, und somit auch jegliche Abgasvorschriften missachten dürfen.
Meinung
Auch wenn der Gesetzesentwurf angenommen und umgesetzt würde, dürfte dies wohl nicht zur Wiedereinführung neuer Zweitakt-Vespas führen. Trotzdem wäre es ein begrüßenswertes Zeichen zur Anerkennung, Wertschätzung und Bewahrung der Kultur des Benzinmotors, die zunehmend vergessen und verloren zu gehen droht. Selbst wenn die Vespa, wie auch andere kleine Motorroller, gemessen an ihrer Größe einen überdurchschnittlich hohen Schadstoffausstoß haben mögen, fällt dieser verhältnismäßig zu anderen Quellen der Luftverschmutzung kaum ins Gewicht. Dass dort in den letzten Jahren derart strenge Grenzwerte eingeführt wurden, ist also vor allem Symbolpolitik.
Dabei wird außer Acht gelassen, dass diese Fahrzeuge einen sehr hohen persönlichen und nostalgischen Wert haben und für ganze Generationen geradezu identitätsstiftend waren. Das Gefühl einer echten Zweitakt-Vespa lässt sich nicht einfach mit einem saubereren Viertaktmotor oder einem Elektroantrieb ersetzen. Das kernige Stottern des Motors, das Rütteln des Lenkers durch die Vibrationen, der beißende Geruch der gemütlich aus dem Auspuff quellenden, würzig-blauen Abgaswolken – alles unersetzbare Teile dessen, was die Menschen an der Vespa so lieben. Es wäre also ein schöner Trend, wenn sich die Politik auf die wirklich wichtigen Umweltschutzthemen fokussieren würde, ohne uns solche kleinen Lebensfreuden wegzunehmen.
Quellen
- Italiens Kniff mit Vespa: Kulturerbe statt weniger Abgase (ORF.at, 11. August 2024)
- Foto: Image by beauty_of_nature from Pixabay