Gefallen an etwas so schamlos umweltschädlichem zu finden ist gesellschaftlich nicht akzeptiert. Es ist auch nicht einfach, es jemandem zu erklären, der*die nicht dasselbe empfindet. Falls du diese Seite ganz durchgelesen hast, weißt du schon ein wenig darüber, wie diese Gefühle bei mir aufgekommen sind. Als Jugendlicher hatte ich solche Angst davor, dass jemand von meinen sonderbaren Gedanken zu Abgasen erfahren könnte, dass ich komplettes Desinteresse an allem, was entfernt mit Motoren oder Umweltschutz zu tun hat, vorspielte. Wegen meiner starken Überzeugungen für den Umweltschutz habe ich lange mit meiner Vorliebe für Abgase gekämpft und versucht, sie zu unterdrücken. Das hat nicht funktioniert. Abgase zu mögen war nicht meine Entscheidung, und ich verstehe immer noch nicht ganz, wie es dazu kommen konnte, aber ich musste akzeptieren dass ich nichts daran ändern kann.
Schritt für Schritt habe ich dann dem Verlangen dieser "dunklen Seite" nachgegeben. Als kleiner Ökofreak hielt ich immer Ausschau nach Situationen sinnloser Umweltverschmutzung im Alltag, um sie zu beobachten und innerlich zu verurteilen. Nachdem ich meine widersprüchlichen Gefühle zu entdecken begann, habe ich diese Situationen immer noch gesucht, aber zu beobachten, wie die Natur geschändet wurde, rief dann noch eine Reihe ganz anderer, aufregender Gefühle hervor. Ich verbrachte mehr Zeit mit Freunden die Roller fuhren, um den Geruch der Zweitakt-Abgase riechen zu können. Ich ging häufig hinten am Gebäude einer örtlichen Karthalle vorbei, wo eine Abluftanlage die abgasschwangere Luft aus dem Innern in die Umgebung blies. Ich kaufte mir gebrauchte Rennbekleidung, ganz durcheinander und nervös darüber, dass ich darin so aussah wie einer dieser bösen Umweltverpester. Irgendwann gab ich dann der letzten Versuchung nach und versuchte heimlich, selbst einen Benzinmotor zu starten. Ich beobachtete, wie die blauen Wolken aus dem Auspuff strömten und versuchte mir bewusst zu machen, dass ich die Umwelt jetzt tatsächlich mit selbstverantworteten, echten, schädlichen und völlig zwecklosen Abgasen verschmutzte. Die letzte Hemmschwelle war gefallen.
Einen längeren und detaillierteren Beitrag zu meiner Geschichte und meinen Erinnerungen findest du auf der Seite zu meinem Hintergrund.
Bis zu diesem Punkt ging ich immer noch davon aus, dass ich der einzige Mensch auf der Welt mit einer solch seltsamen Vorliebe sein musste. Schließlich machte das alles überhaupt keinen Sinn! Auch das World Wide Web, welches sich gerade durchzusetzen begann, gab keinen Hinweis dass es noch mehr Leute wie mich geben könnte. Ich weiß nicht mehr, ob ich einfach nur meine eigenen Gedanken ordnen und meine Theorien zur Entstehung meiner kuriosen Neigungen niederschreiben wollte, oder ob ich tatsächlich darauf hoffte, Gleichgesinnte zu finden, aber 1998 habe ich meine erste Website über mein Faible für Abgase veröffentlicht. Um zu verdeutlichen was mir gefiel lud ich auch ein paar Fotos von Abgasen hoch, die ich besonders aufwühlend und anregend fand, aus einer großen (und bis heute wachsenden) Bildersammlung, die ich angelegt hatte.
Nur kurze Zeit später, und zu meiner großen Überraschung, fing ich an, E-Mails von Besuchern zu erhalten. Die meisten hatten meine Seite gefunden, weil sie das Netz nach Fotos von Abgasen und Umweltverschmutzung durchsuchten. Sie erkannten sich in meinen Beschreibungen wieder und hatten sich sehr darüber gefreut, da auch sie überzeugt waren, dass niemand sonst auf der Welt ihre Vorlieben teilt, sich dafür geschämt und sie geheim gehalten. Sie und ich waren dankbar, Andere gefunden zu haben, die diesen Teil von uns verstehen konnten, mit welchen wir über diese Sache sprechen konnten, die wir selber nicht so recht verstehen konnten.
Solange ich eine Website zu diesem Thema führte, erhielt ich regelmäßig solche E-Mails. Ich hatte persönliche Gespräche mit Dutzenden von ähnlich gewickelten Leuten aus der ganzen Welt, und führte einige Zeit lang auch themenbezogene Online-Communites (heute nicht mehr online) mit Tausenden von Mitgliedern. Die Anzahl der Menschen, die sich scheinbar für diese Themen interessierten, überraschte mich immer wieder. Ich halte es für gut möglich, dass diese Vorlieben unter Umständen gar nicht so selten sind. Da sie so seltsam und gesellschaftlich eher verpönt sind, scheinen viele mit Scham zu reagieren und sie zu verstecken. Die vielen Menschen, die mir geschrieben haben oder meinen Gruppen beigetreten sind, sind vielleicht nur die Spitze des Eisbergs, diejenigen, die ihre Hemmungen überwunden und es auf sich genommen haben, im Internet nach diesem Thema zu suchen. Wenn ich daran denke, wie oft ich schon gehört habe wie Leute zugeben, dass sie den Geruch an Tankstellen mögen – wie viele von ihnen mögen es vielleicht noch ein ganzes Stück mehr, bewusst oder unbewusst?
Warum es diese Seiten gibt
Das Benzinreservat ist ein Ort wo sorglose, leichtsinnige, fröhliche, ungerechtfertigte und sinnlose Luftverschmutzung nicht nur akzeptiert, sondern geschätzt und gefeiert wird. Es ist meine Art, diese dunklen Gelüste einzugestehen anstatt sie zu unterdrücken, und vielleicht mehr darüber herauszufinden, wie sie entstanden sein könnten, indem ich meine Gedanken ausformuliere. Ich werde versuchen, eine Mind-Map-artige Referenz all der Themen und Gedanken, die ich am anregendsten finde, zu erstellen, und so vielleicht ein paar neue Verbindungen und Theorien zu finden.
So unglücklich der weiterhin in mir steckende Umweltschützer darüber ist, soll die Seite auch eine aufrichtige Würdigung und Förderung der Benzinkultur im Allgemeinen und der Menschen, die sie am Leben erhalten, sein. Ich möchte mich herzlich bei all jenen bedanken, die zusammen weltweit jeden Tag Millionen von Litern Benzin für Sport und Spaß verschwenden, und sie dazu ermutigen, die Atmosphäre weiterhin mit ihren Abgasen vollzupumpen. So verwirrend diese Gefühle auch für mich selbst immer noch sind, schlussendlich liebe und genieße ich es einfach sehr zu beobachten, wie schöne Menschen Freude haben, Benzin verbrennen und ein bezauberndes Stück Natur mit dicken, stickigen Zweitakt-Abgaswolken entweihen.
Vor allem aber hoffe ich dass diese Seiten weiterhin vielen neuen, vielleicht noch "heimlichen", Abgasliebhabern zeigen können, dass sie nicht alleine sind, dass es Gleichgesinnte gibt mit welchen sie Gedanken und Geschichten austauschen können. Wenn du dich in einigen der Texte wiedererkennst, oder dich einige der Fotos und Videos ansprechen, dann würde es mich sehr freuen, wenn du mir schreibst.
Zu guter Letzt, an alle anderen Besucher: ich weiß, dass das alles ziemlich schräg klingen muss, und ich glaube nicht dass es möglich ist, die Sache auf eine Weise zu erklären, dass Außenstehende sie wirklich nachvollziehen könnten. Ich gebe mir aber Mühe, diese Gedanken und Gefühle ausführlich und allgemein verständlich zu beschreiben. Wenn du also ein wenig neugierig geworden bist, sieh dich ruhig ein bisschen um. Ich hoffe, dass es wenigstens auf der Stufe nachvollziehbar sein kann, dass wir alle unsere Eigenheiten und kleinen, schmutzigen Geheimnisse haben, denen wir mehr oder weniger ausgeliefert sind. Nur wenige Menschen haben bisher über diese besonderen Vorlieben geschrieben, also versuche ich, das so gut wie möglich zu tun.
Ausblick
Als ich noch im Schulalter war, wäre es niemandem eingefallen, eine*n Schulfreund*in dafür zu kritisiern, dass er*sie ein Mofa fährt. Heute leiten Kinder Klimaproteste an. An meiner Mittelschule haben die Roller der Schüler*innen den Fahrradunterstand jeden Tag zur Mittagspause und nach Schulschluss mit Abgasen voll gepumpt. Man quatschte mit seinen Freund*innen während man inmitten einer öligen, stinkenden Wolke stand, und dachte sich nichts dabei. An Kinder-Motocrossrennen waren die jungen Fahrer*innen umgeben von Mini-Motorrädern, die zu den größten Dreckschleudern überhaupt gehörten, und atmeten stundenlang einen Nebel aus krebserregenden Abgasen ein, was die Eltern nicht zu stören schien. Alle besuchten gerne die Karthalle, wo die Luft trotz Belüftungsanlage immer zum Schneiden dick und abgasgeschwängert war. Der Abgasgestank durchdrang jedes Haar und jedes Kleidungsstück, man roch noch Stunden später danach – aber niemand hat ein Wort darüber verloren, es war ganz einfach kein Thema. Heute weigern sich gewisse Leute, eine Kartbahn zu besuchen, wenn sie nicht voll elektrisch ist.
Die Welt hat sich verändert für Leute wie mich, die Abgase, Motorsport, und motorisierte Freizeitgestaltung mögen. Zweitakt- und Benzinkultur sind bedroht. Darum habe ich dieser Seite den Titel Benzinreservat gegeben: es ist ein Zufluchtsort für Leute, die Abgase mögen, im Alltag aber immer seltener zufällige Begebenheiten spontaner Zweitakt-Luftverschmutzung miterleben können. Hier können wir offen über die Reize von Abgasen und Umweltverschmutzung sprechen, ohne uns erklären zu müssen. Hier verstehen dich die Leute wenn du sagst, dass du die heutigen, strengen Abgasvorschriften bedauerst, oder dass du enttäuscht bist, dass auf dem See in deiner Gegend keine ölleckenden Zweitakt-Jetskis mehr erlaubt sind. Der Kampf gegen die Umweltzerstörung bedeutet für uns dass viele der Dinge, die das Leben für uns lebenswert machen, zu verschwinden drohen.
Das soll aber nicht heißen dass wir den Kampf aufgeben sollten, die Benzinkultur zu retten und wieder in der Gesellschaft zu etablieren. Denn damit die Benzinkultur ihr volles Potential entfalten und so aufregend wie möglich sein kann, muss sie im alltäglichen Leben präsent sein. Es ist ein wichtiger Teil des Anreizes und des Kitzels, zu wissen, wie verheerend die Abgase für die Umwelt sind, wie weit die Umweltverschmutzung bereits vorangeschritten ist, dass Menschen ständig und gedankenlos dazu beitragen, und dass kein Flecken der Erde von Benzin und Abgasen unberührt geblieben ist. Organisierte Zweitakt-Treffen sind toll, aber kein Ersatz. Die Verschmutzung muss draussen in freier Natur passieren.
Um Zweitakter wieder allgegenwärtig zu machen, müssen die Menschen sie wieder zu schätzen lernen. Aber niemand kann sich für Zweitakter erwärmen, ohne sie um sich herum zu sehen und zu erleben. Sie müssen die Motoren aufheulen hören und die Abgaswolken strömen sehen, und sie müssen den Duft frisch verbrannten Zweitaktgemischs riechen wenn einer an ihnen vorbei fährt. Ich biete Menschen dieses Privileg, wann immer ich mit einem meiner Zweitakter durch die Stadt fahre. Aber mir gefällt die Idee, daraus eine größere Bewegung werden zu lassen. Zweitakt-Enthusiasten, die sich zusammentun, um die Welt wieder mit würzigen Abgasen zu füllen und sie zu den Menschen zu bringen, besonders, wo sie diese sonst nur noch selten erleben können, etwa in den großen Städten. Man kann nicht wissen, wer sich alles für die Rückkehr der Zweitakter einsetzen würde, wenn sie es selbst nicht wissen. Und der beste Weg den Menschen dabei zu helfen, es herauszufinden, ist es, ihre Atemluft mit ein paar frischen Zweitaktabgasen anzureichern und zu sehen, ob sie anbeißen.
Wie wäre es etwa damit, Zweitakt-Schnuppertage zu organisieren, an welchen die Leute einige unserer Motorräder ausprobieren können? Oder wie wäre es, Schüler*innen einen Zweitakt-Roller oder einen Benzinzuschuss zu finanzieren? Es gibt unzählige Wege, Zweitaktmotoren zu bewerben und zu fördern, und der Öffentlichkeit ihre Reize näher zu bringen. Einige Umweltaktivisten mögen solche Veranstaltungen und Initiativen ablehnen, aber wie überall dürften die meisten Menschen gemäßigt sein. Wie viele von ihnen verbergen eine heimliche Schwäche für Zweitakter, oder könnten eine entdecken? Wir werden es nur herausfinden, wenn wir etwas tun. Und ich freue mich über jeden Vorschlag, was man noch tun könnte.
Auf jeden Fall hoffe ich, dass alle Gleichgesinnten sich irgendwann dazu ermutigt fühlen, ihre Neigungen ohne Schuldgefühle zugeben zu können, wenn sie wollen. Auf rücksichtslose Umweltverschmutzung zu stehen wird immer ein paar wertende und ablehnende Reaktionen hervorrufen. Aber du solltest dich nicht dafür schämen müssen, diese Nebeneffekte von Verbrennungsmotoren zu mögen. Es sollte genauso akzeptiert und toleriert sein, wie jede andere Neigung. Vielleicht brauchen wir eine eigene Flagge 😄
Ob dich dein Abgasfetisch, bloße Neugier oder der reine Zufall hierher geführt hat: ich heiße dich in meinem kleinen, virtuellen Benzinreservat herzlich willkommen, wo Benzin, Verbrennungsmotoren und Abgase unter Artenschutz stehen.